Marc Hansen: "Wohngenossenschaften können im Prinzip jederzeit von jedermann auf privatrechtlicher Basis gegründet werden."

Interview: Lëtzebuerger Journal (Cordelia Chaton)

Cordelia Chaton: Bezahlbarer Wohnraum ist in Luxemburg ein Problem. Sind Genossenschaften eine Antwort darauf? In Ländern wie der Schweiz oder Deutschland haben sie sich seit langem bewährt. Jetzt gibt es auch in Luxemburg ein Projekt. Gibt es außer Kirchberg andere Projekte? 


Marc Hansen: Das von Adhoc und Caritas getragene Projekt auf Kirchberg ist momentan das einzige, das wir im Bereich der Wohngenossenschaften als Pilotprojekt betreuen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit diesen beiden Akteuren wurde mit dem Wohnungsbauministerium gegründet und arbeitet derzeit intensiv zusammen. 

Cordelia Chaton: Gibt es einen Zeitplan? Wenn ja, wie sieht der aus? 

Marc Hansen: Das Grundstück, das für dieses Projekt ausgewählt wurde, gehört dem „Fonds d'urbanisation et d'amenagement du Kirchberg" (FUAK) und kann eventuell der Genossenschaft auf Basis eines Erbpachtvertrages zur Verfügung gestellt werden. Die Bebauung würde dann von der Genossenschaft vorgenommen werden. Die Ausarbeitung der Geschäftspläne und die damit verbundene Klärung der Finanzierungsfragen sind aber zeitaufwendig und noch nicht abgeschlossen. Parallel hierzu läuft bereits die Ausarbeitung konkreter Bebauungspläne. Einen genauen Zeitplan zu nennen, wäre angesichts der noch offenen Fragen reine Spekulation. 

Cordelia Chaton: Welche Hindernisse stehen dem genossenschaftlichen Wohnungsbau im Weg? 

Marc Hansen: Die derzeitigen Hindernisse beschränken sich im Wesentlichen auf die Finanzierung des Projekts. Die Finanzierung einer Wohngenossenschaft bedeutet auch für hiesige Banken Neuland und die kritischen Punkte betreffen unter anderem notwendige Garantien, das Einbringen von Eigenkapital, die Laufzeit der Kredite und vieles mehr. Außerdem ist unsere derzeitige Gesetzgebung nicht auf Wohngenossenschaften anwendbar, so zum Beispiel im Zusammenhang mit der Wohnförderung oder der Mehrwertsteuer, da sie nicht anwendbar ist auf kollektives Eigentum, sondern nur auf Individualeigentum. Wohngenossenschaften wären somit ausgeschlossen von jeglichen Fördermaßnahmen im Wohnungsbau sowie einem vergünstigten TVA - Satz von drei Prozent. Inwiefern diese Gesetzgebung angepasst werden kann, um den Wohngenossenschaften Auftrieb zu verleihen, ist derzeit in Prüfung. 

Cordelia Chaton: Hatten Sie schon Gelegenheit, solche Projekte in Deutschland oder der Schweiz zu besuchen? 

Marc Hansen: Ja! Während meiner lokalpolitischen Zeit, hatte ich die Gelegenheit mir ein solches Projekt in Deutschland vor Ort anzuschauen. Außerdem haben Beamte im Wohnungsbauministerium ein ähnliches Projekt in der Schweiz besucht. 

Cordelia Chaton: Gibt es Überlegungen, genossenschaftlichen Wohnungsbau in ganz anderen Bereichen wie für Studenten oder Flüchtlinge zu nutzen? 

Marc Hansen:  Wohngenossenschaften können im Prinzip jederzeit von jedermann auf privatrechtlicher Basis gegründet werden. Hierauf haben wir keinen Einfluss. Die Genossenschaften legen selbst die Kriterien Ihrer Mitgliederzusammensetzung in ihren Statuten fest. Die Genossenschaftsgesellschaften, unabhängig der Mitgliederzusammensetzung, werden gegenüber dem Gesetz natürlich gleichgestellt. 

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